24.09.2021
Offener Brief
zum Scheitern der Kaufverhandlungen zwischen der Stadt Gera und der FAB Unternehmensgruppe
FAB Unternehmensgruppe
Herrn Falk Bräuner
Sorge 31
07541 Gera
Offener Brief zum Scheitern der Kaufverhandlungen zwischen der Stadt Gera und der FAB
Unternehmensgruppe
Sehr geehrter Herr Bräuner,
nachdem Sie in diversen Anzeigen den Stadtrat und die Öffentlichkeit über Ihre Sicht auf die Frage der Entwicklung des Tietz-Kaufhauses dargestellt haben, halten wir es für erforderlich, Ihnen unsere Sicht nochmals im Zusammenhang darzustellen.
Die große Mehrzahl der Stadtratsmitglieder, als gewählte Vertreter der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, sieht dringenden Handlungsbedarf an verschiedenen Standorten in Gera. Dies betrifft diverse Grundstücke in Ihrem Eigentum bzw. im Eigentum eines Ihrer Unternehmen.
Aktuell konzentrieren sich die Diskussionen auf das Tietz-Kaufhaus als Bestandteil des Tietz-Quartieres und das Milchhofareal. Die Entwicklung des Tietz-Kaufhauses wollten die Stadträte an erster Stelle angehen. Diese Priorisierung beruhte auf der Aussicht, für die Entwicklung des Quartiers erhebliche Fördermittel zu erhalten.
Dazu war als Voraussetzung ein Standortkonzept für alle kommunalen Einrichtungen seitens der Verwaltung seit 1,5 Jahren durch den OB zu erstellen. Denn die zumindest in Erwägung gezogene Unterbringung von Verwaltungseinheiten muss natürlich im Rahmen eines umfassenden Konzepts erfolgen. Ein solches Konzept liegt leider bislang nicht vor.
Die Gesamtkosten sowie eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat.
Nachdem der Stadtrat durch seine Beschlussfassung die Beantragung von Fördermitteln ermöglichte, waren qualitative Fortschritte bei der Präzisierung des Investitionsprojekts in der Folgezeit kaum zu erkennen. Im Kern zielte Ihre Idee darauf ab, dass sich die Stadt Gera in erheblichem Umfang in Ihre Immobilien einmietet.
Um das Projekt nicht scheitern zu lassen und die in Aussicht gestellten Fördermittel des Bundes in Höhe von 5,8 Millionen Euro nicht ohne Not aufzugeben, wurde im Stadtrat beschlossen, den Kauf des Tietz-Kaufhauses zu erwägen und die Verwaltung wurde vor Monaten aufgefordert, die dafür notwendigen Vorbereitungen zu schaffen. Dieser Zeitraum sollte für ergebnisorientierte Verhandlungen über den Ankauf eines Gebäudes völlig ausreichend sein. Inzwischen hat auch der Fördermittelgeber eine abschließende Frist gesetzt. Diese Frist wäre seitens des Stadtrates in seiner Sitzung vom 29.09.2021 noch zu wahren gewesen.
Wir mussten leider feststellen, dass seitens des Eigentümers keine erkennbare Bewegung in die Verkaufsverhandlung kam. Deshalb haben wir Sie aufgefordert, bis Freitag, den 10. September ein Verkehrswertgutachten und ein darauf beruhendes Verkaufsangebot uns Stadtratsmitgliedern und der Stadtverwaltung zuzusenden.
Das Ertragswertgutachten wurde nur in Teilen geliefert und wies den Betrag von 18,4 Mio. € aus. Das uns vom Oberbürgermeister am 21.09.2021 dargestellte „abschließende“ Verkaufsangebot umfasste nur eine für die Stadt nicht eigenständig nutzbare Teilfläche mit dem aufstehenden Kaufhausgebäude. Den geforderten Kaufpreis haben Sie offenkundig an den in Aussicht gestellten Fördermitteln bemessen.
Die Ertragswertermittlung geht an der Realität weit vorbei, denn das ehemalige Tietz-Kaufhaus kann in seinem jetzigen Zustand keinen Ertrag einbringen. Auch die im Gutachten ausgewiesenen Mietpreise lassen sich mit der Realität des Mietmarktes in Gera nicht vereinbaren. Bei dieser Gelegenheit möchten wir feststellen, dass wir keinesfalls einem Vertrag zustimmen werden, der für die alternativ immer noch im Raum stehende Einmietung in Ihrem Gebäude einen so exorbitant überhöhten Mietzins vorsieht.
In Bewertung aller dieser Tatsachen haben sich die Vertreter der im Stadtrat handelnden Parteien und Wählervereinigungen entschieden, dem Oberbürgermeister den Abbruch der Kauf-Verhandlungen mit Ihnen nahezulegen.
Wir werden gerne sinnvolle Entwicklungsabsichten mit den erforderlichen Beschlüssen im Stadtrat unterstützen. Einen überteuerten Erwerb einer stark sanierungsbedürftigen Immobilie schließen wir jedoch aus. Dabei geht es nicht darum, ob der Erwerb aus Eigenmitteln der Stadt oder aus Fördermitteln bezahlt wird. Es geht alleine darum, dass der geforderte Kaufpreis völlig überzogen ist. Die Fördermittel sollen vorrangig der Sanierung eines komplizierten Gebäudes dienen. Sie dienen nicht dazu, überzogene Kaufpreisforderungen zu bedienen.
Da Sie selbst den Absichten der Stadt als neuer Eigentümer des Tietz-Kaufhauses erklärtermaßen skeptisch gegenüberstanden („Ich will gar nicht verkaufen.“), gehen wir davon aus, dass Sie nunmehr Ihre Bemühungen darauf fokussieren, den hohen Immobilienwert des Gutachtens durch eine zügige Projektentwicklung des ganzen Tietz-Quartieres in Eigenverantwortung zu realisieren. Das, was als machbare Unterstützung durch die Stadt erfolgen kann, wird geleistet werden. Es obliegt Ihnen, die nach eigenem Bekunden guten Entwicklungschancen des Quartiers zu realisieren.
Abschließend weisen wir darauf hin, dass für uns die Entwicklung der Innenstadt eine hohe Bedeutung hat. Deshalb werden wir das Thema Milchhof in einem geordneten Verfahren gerne unter Beachtung der gesamtstädtischen Auswirkungen beraten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Frank
Andreas Schubert
Christian Klein
Norbert Hein
Dr. Ulrich Porst
Sandra Raatz
Monika Hofmann
Nils Fröhlich